94209 Regen, Karin Rupprecht

10. Verladetraining Hängertraining

November 2022 - Verladen ist für viele Mensch-Pferd-Paare eine große Herausforderung.
Aus Sicht des Fluchttieres Pferd ist der Anhänger ein furchteinflößendes, beengendes, schepperndes, wackelndes Ungetüm. Deshalb ist es wichtig, das Pferd in Ruhe mit dem Verladen und dem Hängerfahren vertraut zu machen. Dies geschieht nicht an einem Tag, sondern über mehrere Tage - immer wieder in regelmäßigen Abständen. Dabei sollte das Pferd nicht nur vertrauensvoll in den Hänger einsteigen, es sollte, sobald der Vertrauensstand es erlaubt, ein Stück gefahren werden, an anderer Stelle ausgeladen und wieder eingeladen werden, damit das Pferd auch in unbekannter Umgebung gelassen in den Hänger einsteigt. Ich besitze keinen eigenen Pferdeanhänger, aber es gibt viele Möglichkeiten einen Anhänger zum Üben und Trainieren auszuleihen.
Es liegt in der Verantwortung der PferdebesitzerInnen, ihrem Pferd das Verladen und Transportieren angenehm zu gestalten. Jeder Zwang und jede Gewalt beim Verladen ist nicht angebracht und führt dazu, dass das Pferd beim nächsten Verladen noch angstvoller reagieren wird. Manchmal sehe ich, dass Pferde irgendwie in den Hänger gelockt oder getrickst werden und dann wird schnell zugemacht, das Pferd ist gefangen. Damit wird das Vertrauen des Pferdes in seine Menschen nachhaltig gestört. Alle verantwortungsvollen PferdebesitzerInnen sollten ihrem Pferd die Möglichkeit geben, den Hänger als gefahrlos kennen zu lernen. Manche Pferd gewöhnen sich schnell an die Beengtheit im Hänger und mümmeln zufrieden ihr Heu. Andere Pferde geraten in Panik und haben Todesangst. Es ist immer die Geduld und die pferdegerechte Herangehensweise gefragt.
Als Vorübungen für das Verladetraining sind alle Führübungen in Engpassgassen und über Brücken, Wippen, usw. geeignet. Ein Pferd, das nicht willig mit seinem Menschen an verschiedene Orte, über verschiedene Untergründe und in Engpässe geht, wird kaum vertrauensvoll mit seinem Menschen in einen Hänger einsteigen. Es liegt -wie immer- in der Hand des Menschen.
Meine drei Pferde hatten allesamt ein schwerwiegendes Hängertrauma.
🐴 Smokey geriet in Panik, wenn er nur einen Hänger gesehen hat, rannte wild auf der Weide umher, wieherte und fing an zu zittern und zu schwitzen, war nicht mehr ansprechbar. Es ist anzunehmen, dass er den Hänger mit Verlust und Abschied verbunden hat. Da ging das Training erstmal in Richtung Vertrauen: Smokey sollte erfahren, dass er keinen Artgenossen verabschieden muss, sobald der Hänger da ist oder mit einem Pferd am Hänger trainiert wird. Diese Entwicklung hin zu Vertrauen dauerte Wochen und Monate und muss stets wiederholt und gefestigt werden.
🐴 Lea hatte beim Hänger immer Angst vor der niedrigen Decke, also um ihren Kopf. Insgesamt traute sie sich lange Zeit nicht in niedrige Räume oder unter Flattervorhängen etc. hindurch. Sie hat eine große Narbe zwischen den Ohren. Ich nehme an, dass sie sich diese schwere Verletzung irgendwann in einem Hänger (oder einem anderen niedrigen Raum) zugezogen hatte. Mit Lea habe ich intervallweise trainiert bis sie ihre Angst verlieren konnte.
🐴 Lilly war anfangs nicht mal in die Nähe des Hängers zu bewegen. Lilly neigt zudem zu sehr heftigen Reaktionen, was schnell gefährlich werden kann. Da bestand die Anfangsübung darin, sie in der Nähe des Hängers zu füttern und den Hänger einfach mit auf die Weide zu stellen. Dann durfte sie zugucken, wenn Lea und Smokey vertrauensvoll in den Hänger aus- und einstiegen. Über mehrere Übungseinheiten gewann Lilly langsam Schritt für Schritt Vertrauen. Sobald ich nur ein bisschen zu viel wollte, geriet Lilly in Panik und wir wurden wieder im Training zurück geworfen. Es war für mich eine große Geduldsprüfung und eine immense Herausforderung. Es hat lange Zeit gebraucht, um Lilly die Angst vor dem Hänger zu nehmen. Für Lilly ist der Hänger aber immer noch ein Graus. Sie hat zwar ihre Angst ablegen können, aber sie hasst die Beengtheit und die Geräusche im Hänger und während der Hängerfahrt. Eigentlich verständlich oder? Insgesamt habe ich viel Verständnis dafür, dass Pferde das Hängerfahren nicht mögen oder Angst haben.
Mit Verständnis für das Verhalten des Pferdes machen wir immer einen guten Anfang hin zu pferdegerechter Kommunikation und einer freundschaftlichen Beziehung. So kann das Hängertraining tatsächlich Spaß machen.
Bitte gebt Euren Pferden sozialen Beistand und seid fair! Zeit darf keine Rolle spielen! Das Ziel des Hängertrainings sollte nicht das „Einsteigen“ sein, sondern die tiefe Vertrauensbindung zwischen Mensch und Pferd. Wie Klaus Zeeb es so treffend formulierte: „Der Umgang mit dem Menschen soll für das Pferd Geborgenheit in allen Situationen bedeuten.“ 🐴
Anbei einige Bilder von unserem Hängertraining im Herbst dieses Jahres. Videos 🎥🎥🎥 findet Ihr in den Kommentaren. Diese vertrauensvollen Momente sind das Ergebnis langen vorangegangenen Trainings. Basis ist Gelassenheit von Seiten des Menschen und eine funktionierende, respektvolle Kommunikation mit dem Pferd. Als Geschenk erhalten wir eine stabile Mensch-Pferd-Beziehung voller Vertrauen und Respekt mit großer Freude am gegenseitigen Miteinander. Und das ist es doch warum wir Pferde haben, oder? ☺️🥰
Bitte dem folgenden Link zum öffentlichen Facebook-Beitrag folgen um zu den Fotos und Videos zu gelangen: